Darstellung des Herrn
Eine wunderschöne Szene, die da Lukas erzählt! Sie könnte eine Szene eines Filmes sein, oder ein Akt eines Theaterstücks. Die Eltern bringen ihr Neugeborenes in den Tempel, um dem Ritual, das die Religion vorgibt, genüge zu leisten.
Rituale werden wieder beliebter, habe ich den Eindruck. Denn Rituale lassen in sich etwas vermuten, das mehr ist als nur das nüchterne, sich ständig wiederholende Leben. Selbst da, wo man Freizeit hat und tun kann, was man will, ist man in dieser Schleife drin, dass man immer wieder dasselbe tut. In einem einmaligen Ritual wie das hier beschrieben ist, oder wie es bei uns die Taufe oder die Hochzeit ist, oder die Firmung, findet man meist noch mehr Tiefgang und Kraft fürs weitere Leben als in den sich ständig wiederholenden Gewohnheiten und Ritualen. Offensichtlich legt auch Lukas, der Evangelist, auf dieses einmalige Ritual im Tempel ein besonderes Gewicht, denn es gibt dem, was dann alles kommt, einen tieferen Sinn, eine Vision, eine Prophetie mit. Und wer ist es, der bei dieser Szene eigentlich Regie führt? Sooft wird er kaum in anderen Stellen des Neuen Testamentes genannt wie hier. Nach meiner Beobachtung ist es der Heilige Geist, der hier bei dieser Szene der Regisseur ist. Denn die Protagonisten sind in diesem Akt des Evangeliums nicht in erster Linie Jesus und auch nicht seine Eltern Josef und Maria, sondern die, die vom Heiligen Geist beseelt und erfüllt sind und sich deshalb ständig an dem Ort aufhalten, an dem Gott wohnt, sein Zelt aufgeschlagen hat. Und das sind der greise Simeon und die 84 jährige Witwe Hanna. Das Alter allein ist es wohl nicht allein, das die beiden zu Visionären und zu Propheten macht. Der Simeon ist einer, der weiß, dass er in seinem Leben noch eine Begegnung haben wird, die sein Leben zur Vollendung führen wird und dass der, dem er begegnen wird, eine große Aufgabe vor sich hat, die zusammengefasst heißt: er wird das göttliche Licht sein und das göttliche Leben den Menschen (wieder) bringen. Der Heilige Geist führt dabei Regie.
Er ist es, der den Simeon in den Tempel führt, er ist Kraft, die diesen greisen Mann in Bewegung setzt, um das Ziel seines Lebens nicht zu verpassen. Es ist der richtige Zeitpunkt, den er in sich spürt. Jetzt kommt er, der Messias, jetzt muss ich hin, jetzt bündelt sich die gesamte Lebenszeit zusammen in den Augenblick einer Begegnung, die aber alles ist und alles vollendet, dem Leben mit all seinen Auf und Abs, mit all seinen Unregelmäßigkeiten, Freuden und Leiden, die Krone des Ganzseins aufsetzt, wo die Pole des Lebens sich vereinen zu einer Einheit. Nicht ohne Grund sagt bringt Simeon das mit dem Sterben in Verbindung, denn im Tod stirbt unser Ich und wir werden erfüllt vom göttlichen Licht, das wir immer nur wolkenverhangen und gebrochen erlebt haben, weil wir uns selbst uns immer wichtiger waren als alle anderen Lebewesen, weil wir selbst uns immer wichtiger waren als Gott, der einer von uns werden wollte um uns sein göttliches Leben zu schenken. Der Heilige Geist führte Regie ebenso bei der Witwe Hanna. Sie ist mit dem Tempel, dem Wohnsitz Gottes, leibhaftig verbunden. Ihr Leib ist der Tempel Gottes, weil Gottes Geist in ihr wohnt, würde Paulus sagen. Sie hat ihm in ihrer Seele ganz Platz gemacht. Sie
muss eine großartige Frau gewesen sein. Sie hat das Schicksal einer Frau, die ihren Mann bereits nach 7 Jahren Ehe verloren hat, angenommen. Wenn sie 84 ist und als Mädchen geheiratet hat, muss sie mindestens 60 Jahre Witwe gewesen sein. Eine lange Zeit, um ganz frei zu werden von all den Bedürfnissen, die man im Laufe des Lebens hat und die einer Frau, die keinen Mann mehr hatte, wohl unerfüllt geblieben sind. Leer werden, um ganz in Gott zu sein. Fasten und Beten waren ihr Lebensstil und so konnte sie ganz erfüllt sein von dem göttlichen Licht, ausgeleuchtet sein vom göttlichen Leben, sodass sie in dem kleinen Jesus das göttliche Ja zu uns Menschen erkannte und ihr der Mund davon überging. Der Heilige Geist führte Regie.
So ist die Botschaft dieses kleinen Weihnachtsfestes, das wir heute 40 Tage nach dem großen als Lichtfest feiern, die Botschaft des Lichtes, das das göttliche Leben in uns Menschen bedeutet, denn ohne das Licht ist menschliches Leben nicht möglich. Gott und Mensch sind wie Sonne und Licht. Das Licht ist nicht die Sonne, doch wenn die Sonne nicht wäre, gäbe es kein Licht. Aber auch umgekehrt kann die Sonne nicht ohne das Licht sein. Wäre das Licht nicht, wäre auch keine Sonne. Gott und Mensch sind wie Sonne und Licht. Gott ist die Sonne, die ohne das Licht nicht sein kann. Der Mensch ist das Licht, das es ohne die Sonne nicht gäbe. Simeon und Hanna sind dafür wunderbare Beispiele für diese wunderbare Verbindung von Sonne und Licht. Ich wünsche uns allen, dass wir immer deutlicher spüren, wie gut das unserer Seele tut, wenn sie göttliches Licht durchstrahlt.
Amen