Mette 2017
Weihnachten 2017
Darf ich Sie fragen, was es heute am Heiligen Abend bei Ihnen zu essen gegeben hat? Ich weiß, dass man mit so einer Frage normalerweise ein Gespräch nicht beginnt, aber zu Weihnachten darf man das. Denn ich kenne kein zweites Fest im ganzen Jahr, wo man auf das Essen so großen Wert leg wie zu Weihnachten, …
wo es so viele verschiedene EssensTraditionen gibt, die man mit dem Weihnachtsfest mindestens genauso in Verbindung bringt wie den Christbaum und das „Stille Nacht“. Und wenn ich nur daran denke, was da so in den verschiedenen Regionen unseres Landes auf den Tisch kommt, dann rinnt mir jetzt das Wasser im Mund zusammen. Wenn ich an die Karpfen in Wien denke, an die Bratwürstel in Oberösterreich, an all die Enten, die Truthähne, die Hendln, das Rindfleisch, die Forellen, die Lachsfilets und die Leberknödel, das G´selchte und die berühmten Innviertler Schnitten mit Fleisch. Ich könnt noch lange fortfahren… Offensichtlich ist Weihnachten mit den örtlichen Essensbräuchen so verbunden, weil man Weihnachten doch am liebsten zuhause ist – Coming home for Christmas – und weil man zu Weihnachten förmlich noch aus der Kindheit her den Geschmack des Essens im Mund hat, und weil es auch immer dasselbe zu essen gegeben hat. Dabei habe ich noch gar nicht von den Weihnachtskeksen geredet, bei denen das ja noch viel ärger ist. Denn immer kommen zuerst die Weihnachtskekse von daheim, wie sie die Mutter macht oder gemacht hat. Die waren immer die besten – und was es bei der Weihnachtsbäckerei erst wieder für Variationen und Traditionen gibt, ist sagenhaft. … also ich könnt jetzt noch die ganze Mette weiterschwärmen, weil Essen ist halt doch was Schönes, was „Weihnachtliches“. Weil es zum Menschsein und zur Menschwerdung einfach unheimlich viel beiträgt, genauso wie zum Zusammensein und zur Gemeinschaft – und Weihnachten ist doch das Fest der Menschwerdung UND des Zusammenseins.
Was also gibt es schöneres, als zu Weihnachten so herzhaft zuzugreifen: bei den Keksen genauso wie bei der Würstelsuppe oder beim Karpfen oder bei der Ente. Zuzugreifen wie das die Kinder tun – nach Herzenslust und ohne Hemmungen.
Wenn da aber nicht sofort das schlechte Gewissen über einen herfällt!!! Denn grade im Weihnachtsessen, in den Weihnachtskeksen – da sind sie drin, die verbotenen Kalorien und das in unheimlich hoher Anzahl. Und das tut einer Slim Fit – Generation überhaupt nicht gut! Schlank ist heute IN, und wer was auf sich hält, schaut auf seine Figur. Da sind die zwei, drei Kilo, die man sich als Weihnachtsspeck zulegt, einfach zu viel. Und dann kommen die vielen Gesundheitsseiten in den Zeitungen auch noch daher, so wegen Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck … Also kann man den Weihnachtsbraten gar nicht mehr so richtig genießen, ohne schon wieder Pläne zu schmieden, wie ich die zugelegten Kilos möglichst schnell wieder herunterbringe. Schon heute heißt es in der Zeitung: Weg mit dem Weihnachtsspeck. Und wahrscheinlich wünscht man sich grade wegen der tausenden Kalorien zu Weihnachten dann zum Neujahr besonders Gesundheit, weil man so viel gesündigt hat! Übrigens, was ich zum ersten Mal gehört habe, dass z.B. eine Stunde Singen 100 Kalorien verbrennt – ungefähr ein Vanillekipferl! Daher ist Weihnachten wahrscheinlich auch die Zeit, in der so viel gesungen wird.
(Chor!)
Bei all den Überlegungen unserer Weihnachtsgewohnheiten kommt in mir die Frage auf, wie wir das eigentlich mit dem christlichen Inhalt von Weihnachten tun, ich meine mit der Botschaft, die wir in dieser Nacht (an diesem Tag) hören und die uns wie geistliche (spirituelle) Kalorien stärken sollte und vor allem auch schmecken sollte. Die Weihnachtsbotschaft will auch köstlich sein - köstlich wie die beste Weihnachtsbäckerei. Allerding macht sie nicht dick, nicht satt und träge und geht nicht auf die Leber und den Kreislauf, sondern sie stärkt unser seelisches Immunsystem, trainiert unsere geistliche Gesundheit, Sportlichkeit und Beweglichkeit; sie verbrennt die Kalorien der Bequemlichkeit und Faulheit, weil sie uns herausfordert zu mehr Menschlichkeit, zu mehr Dialog und Gesprächsbereitschaft, zum freundlicheren Umgang, zur Kompromissbereitschaft und zu einem Ja gegenüber den vielen unerwarteten Anrufen und Anliegen, die auf uns tagtäglich zukommen. Man kann es kaum glauben, aber das ist ein gesunder Weihnachtsspeck, den man sich aus der Botschaft des Kommens Gottes in unsere/deine/meine Welt zulegen sollte, um fit – nicht nur durch den Winter – sondern durch das ganze Jahr zu kommen.
Ich hab nur die Vermutung bzw. die Befürchtung, dass wir uns mit dem Weihnachtsspeck der tausenden Kalorien, die wir in diesen Tagen essen und die uns irgendwo ein kleines schlechtes Gewissen machen, und uns dann wieder laufen, radfahren, walken lassen, … dass wir uns mit dem Weihnachtsspeck auch die geistlichen (gesunden) Kalorien wieder wegtrainieren … und dass mit den verschwundenen Kilos auch wieder das verschwunden ist, was uns Weihnachten hätte lernen sollen. (Sprichwörtlich, dass wir das Kind – das Christkind - mit dem Bad ausschütten.)
Gottseidank gibt es heute auf jeder Lebensmittelverpackung das berühmte Etikett, auf dem draufsteht, wieviel Kalorien man bei 100 g zu sich nimmt, wie viel Fett, wieviel Zucker, wieviel Salz, wieviel Ballaststoffe, wieviel Eiweiß.
100 g der Weihnachtsbotschaft enthalten unzählige Kalorien, die uns aber nicht fett machen, sondern schlank und stark – stark für die Gerechtigkeit, stark für die Barmherzigkeit, stark für Toleranz, stark für die Friedfertigkeit, stark für Nachsicht und Vergebung, stark für die Bereitschaft zu teilen, stark für die Liebe zu Gott und die Menschen. (Ein tolles Programm für jeden Trainer oder Coach!)
Das ist die Slim-Fit-Version des Evangeliums, das Slim-FitProgramm des Weihnachtsfestes, des Kommens Gottes in unsere Welt. Dieses Ernährungsprogramm macht schlank und gleichzeitig kräftig, dynamisch und zärtlich, und wir sollten so viel wie möglich davon zu uns nehmen. Deshalb wohl ist Gott als Kind zu uns gekommen, weil Kinder beim Essen so herzhaft zugreifen können. Und weil es die Kalorien der Liebe und des Friedens sind, von denen sie leben. Ich wünsche uns, dass wir so richtige Weihnachtsschlemmer des Evangeliums werden und dass dieser Weihnachtsspeck möglichst lange anhalten soll.
Amen