Predigt 4. Adventsonntag 2015
Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche,
In die Angst um unseren Wohlstand hinein, in die Angst um das
erarbeitete oder aber auch geschenkte Gut der Ruhe, des Luxus, des
Lebens in friedlichen Verhältnissen, zerreißt eine Bombe, oder sind es
auch mehr, die vorweihnachtliche Idylle.
Schon 1910 haben orthodoxe Juden am See von Genezareth Kibbuze
gebaut um ihr gelobtes Land wieder von den Syrern in Besitz zu
nehmen. Sie wollen so dem Messias, auf den sie noch hoffen, den
Weg bereiten.
Und natürlich ist Mohammed auf einem Pferd in Jerusalem in den
Himmel aufgestiegen, und so muss diese heilige Stätte um jeden
Preis verteidigt werden.
Und vergessen wir ja nicht die Geburtskirche in Bethlehem. Da wo
der Stern ist, das ist die Stelle der orthodoxen Christen, wo Jesus
geboren wurde, und drei Meter weiter hinten, rechts, da ist der
katholische Ort der Geburt Christi. Und Christen sind auch schon für
diesen Ort in den Krieg gezogen und haben gemordet.
Wie eigenartig. Der Mensch braucht konkrete Orte des Glaubens, um
die er zu kämpfen bereit ist, während Gott, unser Gott, also der Gott,
der Mensch geworden ist, gerade die Ortsfrage immer wieder hinter
sich lässt.
Schon seine Mutter, mit Gott im Leib sucht im Du die Erfüllung. Die
Fremden, die Flüchtlinge, die Suchenden, die Cousine, der andere –
sie sind Gottesträgerinnen und Gottesträger.
Gott, Schwestern und Brüder, braucht keine Nation und er braucht
keine Religion und er braucht keine Verortung seiner
Menschwerdung. Gott braucht konkrete Menschen, die immer
wieder das Unwesentliche loslassen, und sich zum Ort der Geburt für
ihn zur Verfügung stellen.
Der Advent stellt uns ausschließlich diese Frage: Bin ich Ort der
Menschwerdung Gottes.
Gott heiligt durch seine Menschwerdung im Menschen, die Frau, den
Mann. Kein Gebäude, kein Ort, keine Kirche, kein Land, keine Religion
ist mehr wert als der Körper und das Herz und die Seele eines
Menschen. Darum kann Gott nur da Mensch werden, wo der Mensch
erkennt, dass Gott in jedem Menschen zur Welt kommen will. Und
wer das erkennt, bindet keine Bombe um seinen Körper um sich
selbst oder/und andere in die Luft zu sprengen. Wer das erkennt baut
aber auch keinen Zaun, oder eine Mauer um sein europäisches
Heiligtum.
Gott, der Gott, der kommen will, der uns auf Augenhöhe begegnen
will, inszeniert sogar seine eigene Geburt so, dass seine eigene
Gottwerdung durch eine Menschwerdung dank eines anderen
Menschen möglich wird.
Gehen Sie doch durch die Straßen, schaut euch die Nachrichten an,
begegnet, dem was euch bedroht doch einmal so: da kommt jetzt
Gott zu mir.
Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche,
Ihr spürt ich war erst vor zwei Wochen im Heiligen Land und ich bin
auf der Suche nach Antworten, wie wir Menschen, Miteinander und
füreinander ein Leben gestalten können.
Vieles scheint mir noch unklar. Die Verortung aber eines Glaubens
und daraus abgeleitete Besitzansprüche oder aber auch nur
Ansprüche, das „einzig Richtige“ zu glauben, lassen mich einen Jesus
entdecken, der schon zu seiner Zeit – andere Zeichen gesetzt hat.
Was für eine Herausforderung für uns, der Menschwerdung Gottes
gerecht zu werden: in Demut, in Bescheidenheit, aber auch in aller
Klarheit und Konsequenz.
Aber du, Betlehem-Efrata, so klein unter den Gauen Judas, aus dir
wird mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll. Sein
Ursprung liegt in ferner Vorzeit, in längst vergangenen Tagen.
Darum gibt der Herr sie preis, bis die Gebärende einen Sohn geboren
hat. Dann wird der Rest seiner Brüder heimkehren zu den Söhnen
Israels.
Er wird auftreten und ihr Hirt sein in der Kraft des Herrn, im hohen
Namen Jahwes, seines Gottes. Sie werden in Sicherheit leben; denn
nun reicht seine Macht bis an die Grenzen der Erde.
Und er wird der Friede sein.
Gesegneten Advent.
Amen.