Predigt 17. Sonntag 2014
15. Sonntag im Jahreskreis _ Lj A (Mt 13,1-23 (9); Jes 55, 10-11; Röm 8, 18-23)
Wenn dieses Gleichnis vom Sämann ein Bild für das Himmelreich sein soll, dann wundert es mich nicht, dass es immer weniger werden, die ins Himmelreich hineinwollen.
Denn wer auf Profit getrimmt ist – und das sind wir alle ir-gendwie – der wird sich mit dem Ertrag, der da beschrieben ist, nicht zufrieden geben. Da heißt es viel mehr: ob sich da die Arbeit lohnt? Ist es nicht besser, diesen Acker stillzule-gen, also brach liegen zu lassen, weg zu rationalisieren? Denn wer arbeitet heute noch für etwas, das zu geringen Gewinn abwirft? Und wenn es im Himmelreich nur relativ zugeht, also nicht optimal, dann hat es möglicherweise ab-gewirtschaftet, sodass es kein Ziel mehr ist, es zu erreichen. Und darum erübrigt sich die Sehnsucht nach dem Himmel-reich bei vielen Menschen…
Aber Achtung! Dieses Denken kann auch eine Hybris sein. Wir können uns sehr schnell überschätzen und überheben – und dann sind wir eigentlich mitten drin – in diesem Gleichnis. Dann erleben wir uns selbst als diesen Ackerboden, auf den der Sämann sät. Wenn nämlich der Ackerboden unsere Seele ist, dann wird schnell klar, dass er die Realität unserer Seele viel mehr beschreibt als wir glauben. Denn in unserer Seele sieht es doch aus wie auf diesem Ackerboden. Da sind die schrägen Vögel, die die Körner wegpicken, bevor sie überhaupt eine Chance zum Wachsen bekommen haben. Sie holen sich, was sie kriegen und picken und picken. Und da sind genauso die Dornen. Das sind die ungeordneten Seelenanteile in mir. Da ist zwar auch Wachstum, aber ungeordnetes, wildes und unkultiviertes Wachstum. Da ist etwas Ungezähmtes in mir, das das Zarte und Sensible erstickt, das von meinen Bedürfnissen gesteuert wird und keine Rücksicht auf Verluste nimmt. Da ist etwas in diesem Ackerboden meiner Seele, das Burn-Out gefährdet ist, weil es sich nicht zurücknehmen kann, weil der Druck immer größer wird – der Erwartungsdruck von den anderen, der schließlich zum Erwartungsdruck mir selbst gegenüber wird. Wer traut sich das wirklich zuzugeben? Und wenn ich es nicht zugebe, dann bin ich schon am inneren Ersticken. Und dafür schäme ich mich, daher darf ich es nicht zugeben. Es ist schon verrückt, wie dieser Ackerboden doch unserer Seele gleicht!
Was den felsigen Boden betrifft, so weiß ich genau, wie oberflächlich ich bin. Wenig Tiefgang, schnelle Zusagen, Versprechen, Begeisterung – vieles nehme ich mir vor und halte es dann nicht. Viele Pläne kommen in mir auf und wenn es dann drauf ankommt, den ersten Schritt zu setzen, bin ich zu müde, fehlt mir die Motivation, kommt der innere Schweinehund und sagt: wozu denn? Bringt ja nichts? Dabei hätte ich einmal das Feuer in mir gespürt, das jetzt endlich anzugehen. Aber wo soll ich denn anfangen? Und überhaupt: Es hilft mir ja keiner, und allein kann ich nicht und mag ich auch nicht. Ich glaube, wir verbringen wahnsinnig viel Zeit und Energie damit, unsere Träume, unsere Visionen wieder abzuschwächen oder gar abzuwürgen ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Daher müssen wir sehr sensibel vorgehen, um uns nicht in Depressionen zu stürzen, die uns dann erst wieder niederknebeln.
So dürfen wir eigentlich froh sein, wenn der übrige Ackerboden unserer Seele dreißigfach, sechzigfach und manchmal sogar hundertfach Frucht bringt. Denn dann merken wir ja doch, dass unser Leben einen Sinn hat. Wo aber darin jetzt das Himmelreich vorkommt, ist die Tatsache, dass es einen gibt, der diesen Acker aufgrund seiner eingeschränkten Fruchtbarkeit NICHT weg rationalisiert oder brach liegen lässt, der diesen Acker weiter mit reichlichen Samenkörnern besät, obwohl sie am Weg von den Vögeln weggepickt werden, obwohl sie auf felsigen Boden fallen, obwohl sie von den Dornen erstickt werden. Er wird niemals aufgeben, diesen Acker zu bestellen. Und dieser Sämann ist kein geringerer als GOTT. Er hört nicht auf zu säen. In jedem Samen ist Potential. Er hat die Kraft, aufzugehen. Und wenn er auch nur geringe Frucht bringt, aber von Gott kann man lernen, dass jede Frucht letztlich Frucht ist, und nicht das Quantum ist es, sondern die Qualität entscheidet über die Frucht. Ich bin sogar überzeugt, dass Gott diesen Ackerboden unserer Seele auch manchmal düngt. Zwar nicht mit Kunstdünger – das tun wir meist selbst – sondern mit feinstem BIO-Dünger. Während wir den Kunstdünger der Unersättlichkeit streuen, streut er den Bio-Dünger der Freiheit des Loslassens. Und während wir den Kunstdünger der Verdrängung und der Vernebelung streuen, streut er den Bio-Dünger der Hoffnung und des Vertrauens, dass alles, was wir aus Liebe tun, bei uns zum Guten geführt wird. Mit seinem Dünger kräftigt er das Wachstum unserer Seele, nicht nur damit unser Leben gelingt sondern dass wir sogar selbst zu Sämänner und –frauen werden, die nicht müde werden, überall die Saat des Reiches Gottes zu streuen… dann wird es ein Ende geben mit unserer Hybris … und damit, was wir uns nicht alles einreden und aufschwatzen lassen, um zu glauben, dass wir eh glücklich sind, wenn auch neben uns und in uns die Fetzen fliegen.
Amen