Geistliche Impulse


Wort-Gottes-Feier

zum 32.So.Jkr.B. (11.11.2012
):

1. Lesung:  1.Kön. 17,10-16

Evangelium: vom Tag, Mk. 12,38-44    Reinhard

Predigt:       Zur Thematik des heutigen Tags:

Auch wenn man es nicht so sehen und haben möchte, die beiden heute gelesenen Texte lassen einem (zunächst zumindest) keine andere Wahl als darin eine Gegenüberstellung zwischen    Schriftgelehrten / Priester und  // „einfachen Gläubigen“ zu sehen!
Wir spüren die Ungerechtigkeit und Heuchlerei der Schriftgelehrten, die Jesus im Evangelium heute anspricht.
Wir spüren aber auch den tiefen, einfachen Glauben der Witwe.
Mir tun geradezu schon die Priester und Schriftgelehrten leid, die da heute am Pranger stehen. Nicht dass ich behaupten könnte, dass es das in unserer römisch kath. Kirche oder in unserem Land heute gar nicht mehr gäbe!
Und auch nicht, dass ich mich da als Pastoralassistent leicht heraushalten könnte, bin ich doch als Theologe eigtl. auch nichts anderes als ein Schriftgelehrter.
  • Der kritische Fingerzeig Jesu soll bestehen bleiben auch heute und gerade der religiösen „Elite“ gegenüber, um es als abschreckendes Beispiel klar anzusprechen und vor Nachahmung zu warnen.
Aber ich bin froh, dass diese Botschaft nicht die Einzige ist, die wir in den heutigen Lesungen finden.
Zwar leiden wir auch mit der Witwe von Sarepta mit, bei der sich trotz der todbringenden Hungersnot auch noch der Prophet Elija einnistet.
Doch Elija ist ein anderer Gottesmann.
Er versteht sein Leben im Dienst an Gott und so hat er eine andere Rolle, als man auf dem ersten Blick glauben könnte:
    • Nicht nur, dass Elija ein Prophet im Dienst des Herrn, des Gottes Israels ist (vgl. James Bond, im Auftrag ihrer Majestät, mit der Lizenz zum Töten (???) und besonderen Fähigkeiten und Ausrüstungen, …)     
      • Dieser Vergleich hinkt auch gar nicht, wenn man sich die Dramatik und Blutigkeit rund um das Gottesurteil gegen die Baalspriester (ebenfalls in 1 Kön.) liest!
    • Er hat von Gott auch ganz konkret den Auftrag bekommen, nach Sarepta zu gehen mit dem Hinweis, dass Gott dort einer Witwe befohlen hätte, für ihn zu sorgen;
    • Elija ist also wirklich ein „Mann Gottes“, der sich in seinem Leben tatsächlich darauf einlässt, was Gott von ihm möchte, auch wenn es für ihn heikel und schwierig wird und man ihm nach dem Leben trachtet.
  • Die Witwe erkennt auch sofort, dass sein Gott wahrlich ein lebendiger und wirkmächtiger Gott ist.
  • spricht von Gott als derjenigen, der LEBT: - keine tote, tradierte Beziehung der Erzväter, die an Gott geglaubt hatten und mit ihm etwas erleben.
(Mir kommt es heute öfter vor, viele von gerade uns Katholiken glauben öfter an Gott, wie Menschen,
  • die den Glauben und die Erlebnisse anderer mit Gott in der Bibel und der Tradition kennen, davon in der Kirche hören, 
  • sie vielleicht manches Mal glauben, bei näherem Nachfragen aber eigtl. nicht wirklich für möglich halten, dass Gott bei diesen Menschen lebendig gewirkt hat und schon gar nicht, dass er auch bei uns heute wirken könnte;
  • die sicherlich nicht wirklich selber eine Beziehung zu Gott pflegen oder es vielleicht eigtl. gar nicht wirklich für möglich halten, dass jeder / er  / sie heutzutage selber eine persönliche Beziehung zu Gott pflegen kann)
  • spricht nicht von irgendeinem Gott, sondern vom Gott des Elija = von dem Gott, an dem Elija glaubt, der für Elija da ist, …  der Witwe ist klar, 
  • dass man zu Gott eine persönliche Beziehung haben kann
  • dass Elija eine persönliche Beziehung zu Gott hat

  • ( Wie kann man eine persönliche Beziehung zu Gott haben ?
    •  Mit ihm im Gedanken reden: ihm von seinen Sorgen, Erlebnissen, Gefühlen, Freuden erzählen
    •  Ihm um Hilfe bitten
    •  Sich fragen, was sollte ich in den Augen Gottes heute / jetzt / überhaupt tun?
    •  Sich damit beschäftigen, was Gott für unser Leben möchte und was nicht, was Jesus in der Bibel sagt
    •  Konkret das tun, was ich spüre, dass Gott von mir möchte
    •  Zu Gott beten, für sich und andere
    •  Sich auf die Nöte der Menschen einlassen, helfen wo Hilfe not tut, auf die verschiedenste Weise …)
So gläubig die Witwe von Sarepta auch ist, sie setzt auch Grenzen.
Sie sagt nicht zu allem was Gott durch Elija sagt „Ja und Amen.“ Sie widerspricht ihm und erwidert, dass die doch selber nichts mehr hätte und ihm nichts zu essen geben könne.

  • Das finde ich sehr sympathisch, denn Glaube muss nicht immer alles gleich so akzeptieren. Wir dürfen Gott auch unsere Bedenken äußern.
  • Gott nimmt unsere Sorgen ernst
  •  So gibt ihr Elija eine Verheißung für nie versiegende Essensvorräte, was angesichts der momentan herrschenden todbringenden Hungersnot die Versicherung für das Überleben bedeutet.
  •  (Und später erkennt sie, dass ihr (und ihrem Sohn) die Begegnung mit Elija zum Überleben in der Hugersnot (und ihrem Sohn zur Heilung aus Krankheit) wird!
  •  Auch wir erkennen oft auf den ersten Blick in Schwierigkeiten und Leid nur das Negative; erst später kann sich darin aber noch viel Besseres ermöglichen;)
Ich glaube diese beiden Schriftlesungen können uns recht gut tun heutzutage.
Auch heutzutage erleben wir beides: Menschen, die ihren Glauben nur oberflächlich und scheinheilig praktizieren. Das trifft nicht nur Priester und kirchliche Hauptamtliche. Aber es trifft sie leider auch und gerade die Versuchung von Macht, Ehre und Scheinheiligkeit trifft sie in noch größerem Maß, vielleicht sogar manches Mal,  je mehr sie sich im kirchlichen Machtzentrum befinden.

Umgekehrt zeigen die heutigen Schriftstellen, dass wir selber uns nicht mit der Kritik an anderen von unserem eigenen Auftrag und von unserer eigenen Verantwortung frei kaufen oder von deren mangelhaften Erfüllen ablenken können.
Die beiden Witwen tun, was sie in ihrem Glauben für richtig erachten.

Auch Jesus selber tut, was der Wille Gottes ist.
Er ist selber kein Priester oder Schriftgelehrter im herkömmlichen Sinn. 
Vielleicht hat er gerade deshalb eine umso größere Autorität aufgrund seiner Taten und seiner gelebten Beziehung zu seinem Gott.

Diese Autorität setzt er aber sehr wohl dafür ein, darauf aufmerksam zu machen, worauf es ankommt. Er weist auch darauf hin, wo Menschen, gerade die religiösen Amtsträger nicht dem nachkommen, was sie eigentlich sollten.
Und das Eigentliche ist für alle gleich:
Im konkreten Leben das zu tun, was man als Willen Gottes erkennt.
Und sich immer mehr und immer wieder neu zu hinterfragen, was Gott und die Menschen von einem wirklich brauchen.
Das ist das Entscheidende.

Deshalb ist es auch so bemerkenswert, wenn das Vat.II vom speziellen Priestertum und allgemeinen Priestertum aller Gläubigen spricht.

Im Unterschied zum bis vor 50 Jahren völlig selbstverständlichen „Entmündigungsdenken“ in weiten Teilen der Kirche, die den Gläubigen lediglich die Antwortrolle des von ihnen Vorgebeteten zuschrieb, 
betont das Vat.II eben die Bedeutung jedes einzelnen Christen.

Vor Gott ist es nicht ausschlaggebend, welches kirchliche Amt ich innehabe, sondern ob ich dem Willen Gottes nach komme.

Vielleicht ist es in schwierigen Kirchenzeiten sogar ein unumgängliches Korrektiv, wenn Menschen aus der kirchlichen Basis das leben, was kirchliche Amtsträger aus den Augen verloren haben. Denken sie nur an Franz von Assisi als Armutskorrektiv gegenüber der reichen Kirche des Mittelalters, die den Kontakt zur breiten Masse der Gläubigen verloren hat.

Gerade wir Katholiken noch dazu in einem über Jahrhunderte von Autoritätsgehorsam geprägten Österreich dürfen nicht der Versuchung erliegen, einfach immer alles von der Autorität und Obrigkeit zu erwarten und verlangen.
Katholischer Glaube ist zunächst ein Leben als Christ. Dieses im konkreten Leben und in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen in unseren Gemeinden zu praktizieren ist entscheidend.

Wir sind Kirche der Zukunft, wenn wir selber vor Ort praktizieren, was einem auch die beste Kirchenleitung nicht abnehmen kann.
Ja im Gegenteil, eine Kirchenleitung in Zeiten der Kirchenaustritte wird sich darum kümmern, dass die christlichen Gemeinschaften vor Ort lebendig bleiben können, auch wenn die kirchlichen Ressourcen an Personal und Geld abnehmen.

Es freut mich, dass das unsere Diözese auch tut.
Es freut mich auch, dass wir in unserer Konviktgemeinde damit bestätigt werden auf unserem Weg.
Es ist schön und es freut mich, wenn jede und jeder von uns sich begreift als bewusst christlich lebender, vielleicht sogar als PriesterIn in einem allgemeinen aber positiven Verständnis. Ein Verständnis, wie es die beiden Witwen in den Schriftlesungen aber auch Elija und Jesus vorgelebt haben. Amen!