Geistliche Impulse


Ansprache zum Palmsonntag 2024

Ich möchte heute das Bild, das wir während der gesamten Fastenzeit bereits hier in der Kapelle stehen haben in den Blick nehmen.

Zunächst möchte ich erwähnen, dass dieses Bild von Elisabeth Wimmer-Röck aus Neuhofen gemalt worden ist. Elisabeth feiert ja selber auch immer wieder bei uns im Konvikt mit und hat uns für die heurigen Fastenzeit dieses ihr Kunstwerk dankenswerterweise geliehen!

Wie bei vielen Kunstwerken, muss man sich auch diesem Bild langsam annähern und erst einmal schauen, was man alles entdecken kann.

  • Am hellsten in der Mitte ein T-förmiges, gelb-grünes Feld, das sich nach rechts oben und auch links oben in die Spitzen der durch die hyperbelförmigen gelben Linien zieht. Nach unten wird es durch die Linie begrenzt, welche diese beiden nach oben ziehenden Linien verbindet.
  • Oberhalb dieses „T“ ruht eine orange Kreisfläche.
  • Wir Christen erkennen darin schnell Jesus. Denn in Verlängerung des T-Körpers finden wir dunkelgrüne Verlängerungen, die wir schnell als Kreuzesbalken identifizieren.
  • Unten ist das Kreuz auf einem dunkelgrünen, einen Hügel andeuten wollenden Feld verankert.
  • Auf dem Hügel, gleichsam aus dem Kreuzesstamm wachsen zwei sehr lange, lebendig sich windende Triebe empor, welche das gesamte Bild bis ganz nach oben durchziehen.
  • Ebenfalls in diesen Bereichen seitlich des Kreuzes erkennen wir Menschen, welche sich in einem Reigentanz verbunden haben und quasi um das Kreuz tanzen.
  • Oberhalb dieses Tanzkreises ist eine weitere, ebenfalls dunkelgrün dargestellte Kreisfläche. Diese umgibt den Oberkörper und den Kopf Jesu so wie es öfters bei österlichen Kreuzesdarstellungen zu finden ist. Diese Kreisfläche stellt manches Mal die am Horizont aufgehende Sonne dar, sie will die Härte des Kreuzes überstrahlen, abmildern oder vielleicht auch umrahmen oder ein-rahmen. Nicht mehr das Kreuz, - es ist in diesem Bild ohnehin nur im Hintergrund zu erkennen, sondern diese starke grüne Fläche dominiert und bildet gleichzeitig den Hintergrund, vor dem sich die hellgelbe, fast elliptische Fläche abhebt, welche den Kopf Jesu in die Mitte nimmt. Man kann den orangenfarbenen Kreis auch als Pupille in dem gelben Augen-Feld erkennen.

Die Künstlerin sagt dazu: Dieses Element will gleichzeitig Gestalt Jesu sein als auch Auge. Gerade das Auge steht oft als Symbol für Gott. Erst recht, wenn das Auge inmitten eines gleichseitigen Dreiecks als Symbol für die Dreifaltigkeit Gottes ruht. Somit will die Künstlerin symbolisieren, dass dieser gekreuzigte Mensch zugleich Gott ist.

  • Auch die Arme Jesu sind nicht an das Kreuz genagelt, sie strecken sich nach oben und wirken leicht und eben auch „auferstanden“.
  • Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die gelbe Farbgebung oberhalb der Kreuzesbalken, welche den Himmel über dem Horizont darstellen möchte.
  • Als letztes fällt noch die kleinere, ebenfalls dunkelgrüne Kreisfläche vor dem Hügel und Kreuzesbalken in der Mitte angesiedelt, auf. Inmitten dieser Fläche befindet sich eine kleine, aber goldene Kreisfläche. Wer genau sehen kann, erkennt um diesen goldenen Kern eine im dunkelgrünen Bereich sich hineinkauernde Figur. Diese erinnert uns an einen Embryo, welcher sich im Mutterbauch befindet. Der goldene Kern möchte dabei ein Samenkorn darstellen. Die Künstlerin möchte damit symbolisieren, dass in einem jeden Menschen ein göttlicher Same schon von Geburt, ja eigentlich von der Zeugung an steckt.
  • Schließlich lesen wir noch drei Wörter im Bild: Tanzen und Hoffen.
  • Die Künstlerin nennt das ganze Bild „Tanzen und Hoffen“ und setzt damit eine präzise Deutung für ihr Bild ins Bild selbst hinein.

 

Was will uns also dieses so kunstvoll durchkomponierte Bild sagen?

  • Wir sind als Individuum, als Mensch eingebettet in die Erde, entstammen ihr und tragen gleichzeitig diesen göttlichen Kern, das göttliche „Ja“ zu uns in unserem Inneren.
  • Daraus erwachsen wir und werden „groß“.
  • Auch Gott selber wurde ein Mensch, er wurde groß, lebte ein erfülltes Leben und wurde doch gekreuzigt. Doch blieb es nicht dabei, sondern es folgte zur Verwunderung der Jüngerinnen und Jünger seine Auferstehung.
  • So ist für mich eine Grundaussage dieses Bildes, dass das Leben, mit all seinen Schattierungen, dunklen und hellen Flächen, doch immer in Grün-Tönen gehalten und somit im Bereich des Lebens – grün ist ja Zeichen des Lebens, durch das Chlorophyll in den grünen Pflanzen!
  • Also, das Leben ist zwar manches Mal durchwachsen, aber es ist immer Leben und zugleich auch Hoffnung. Denn grün ist ja zugleich auch Symbolfarbe für die Hoffnung.
  • Wir dürfen darauf vertrauen, dass unser Leben – auch in aller Ausweglosigkeit, Traurigkeit, Schicksalshaftigkeit – von der Hoffnung durchwirkt ist. Wir dürfen uns da vom Leben selber weitertragen lassen und ihm anvertrauen, dass uns das Leben selber schon weitertragen wird.
  • Schließlich wachsen auch die beiden Pflanzen ganz lebendig nach oben.
  • Auch die Menschen sind miteinander verbunden und tragen sich gegenseitig mit – wie ein guter Freundeskreis, in dem wir uns wohl fühlen, der uns mitreißt, der uns Geborgenheit, Lebenslust, Halt, Wärme und Freude schenkt. In dem wir selber auch andere festhalten, spüren und miteinander das Leben und die Freude feiern. Ich denke da an Sirtaki tanzende Griechen, die Lebensfreude zelebrieren und sich von der Musik mittragen lassen.
  • Wer die Künstlerin kennt, der weiß, dass sie das auch in ihrem eigenen Leben so kennt. Es gibt die Freudenmomente, aber auch das Schwierige, Probleme, Krankheiten und Herausforderungen. Und trotzdem malt sie das Leben in grün. Sie sieht die Hoffnung und hält den Kopf oben.
  • Wer sie kennt, weiß aber auch, dass für sie der Glaube etwas sehr Wichtiges ist. Sie ist keine einfache „Positiv-Denkerin“, die alles positiv sehen versucht, nur einfach, weil sie weiß, dass man damit psychologisch gesehen besser fährt. Sie hat erlebt und weiß, dass Gott in unserem Leben immer wieder mithilft, dass wir Schwieriges überwinden können, dass sich alles dann doch wieder gut fügt, dass wir gute Ideen, Hilfe und Halt erfahren können, wenn wir es zulassen und Gottes Hilfe vertrauensvoll als Möglichkeit in unser Leben lassen.
  • Es ist eine tiefe Wahrheit, zu wissen und zu vertrauen, dass Gott im Leiden und der scheinbaren Verlassenheit wirkt.
  • Dass er Jesus die Kraft gibt, Leiden und Kreuz durchzustehen, um es kurz später zu verwandeln und zur Auferstehung werden zu lassen.
  • Wer das nicht glauben kann oder mag, bringt sich um eine tiefere Glaubens- und Lebensmöglichkeit, die seinem eigenen Leben ein unsichtbares Rückgrat sein könnte. Dann könnte der Kreuzesstamm nicht unsere uns festhaltende Bürde sein, sondern dann wird er zum Willen, zur Zuversicht, zum mit dem Göttlichen abgestimmten Glauben oder zum Vertrauen, der mich durchhalten lässt.
  • Dann bekommen wir neue Hoffnung und Perspektiven. Dann passieren unerwartete, manches Mal schier unglaubliche „Zu-Fälle“, die einem spüren lassen, es gibt da jemand, der für mich da ist, der mich begleitet und mir hilft.
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